Das Versprechen gilt nicht mehr, galt es denn jemals?

Es lautet: Der Staat schützt seine Bürger vor Unbill. 

Er organisiert das gedeihliche Zusammenleben seiner Einwohner, respektiert die Würde aller Menschen und ermöglicht die Freiheit  zur Entfaltung des menschlichen Potential einer Jeden, eines Jeden. Er sorgt für die Möglichkeit eines selbstbestimmtes Leben. Wir (der Staat) organisieren durch geheime und freie Wahlen die gerechte Verteilung der Meinungen in der Staatsführung und ermöglichen so in der politischen Diskussion einen Ausgleich der verschiedensten Sichtweisen, auch insbesondere von Minderheiten.

Zentrale und elementare Teile der Aufgaben des Staates sind die Gesundheitsvorsorge, die Bereitstellung von Wohnraum und Energie, bezahlbaren, gesunden Lebensmittel, der Schutz der Umwelt, die Absicherung bei Krankheit und Alter. Um nur einige zu nennen.

Diese Daseinsvorsorge/der Wohlfahrtsstaat ist unter die Räder des kanibalischen Kapitalismus gekommen, unter die Räder eines entfesselten inhumanen Wirtschaftssystems, welches die Interessen einzelner ausschließlich profitinteressierter Gruppen über das Gemeinwohl stellt (Desmond, 2024).

Der Staat, also wir alle als Gemeinwesen, stellen z.B verschieden Formen der Infrastruktur zur Verfügung und die (multinationalen) Konzerne sind abhängig von dieser Bereitstellung. Aber bezahlen wollen sie diese nicht, sie wollen es kostenlos. So fahren die LKW Flotten, die just in time die Industrie versorgen und somit Lagerflächen und Kosten einsparen und verschleißen unser Straßensystem. Die Vermeidung von Unternehmenssteuern sind das oberste Ziel jedweder Konzern Strategie.

Der Wohlfahrts Staat ist den neoliberalen Eliten bei ihrer Jagd nach hohen Renditen eher ein Hindernis, Zeichen einer vergangenen Epoche der „Verkrustungen“. Ihnen geht es zwar auch um den sozialen Frieden, den sie für die Aneignung des weltweit produzierten Mehrprodukt brauchen, doch dafür sind sie immer weniger bereit, wohlfahrtsstaatliche Leistungen aufzubringen.

Elmar Altvater, Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen. 2006.

D.h. wir dürfen den Müll wegräumen, den der Kapitalismus hinterlässt, die Berge an Plastik, die riesige Inseln im Meer bilden, die Zerstörung der Natur wieder richten, weil diese externalisierten Kosten in den Hochglanz Broschüren der Konzerne nicht auftauchen dürfen. Das würde die Aktionäre verstimmen.

Ist der Kapitalsmus wirklich das überlegene System, für das er sich hält? Sind die Überschüsse, die angeblich erwirtschaftet werden, tatsächlich vorhanden? Oder nicht, wenn wir eine wirklich ehrliche Kostenrechnung aufstellen und all die unbezahlten (unbezahlbaren?) Faktoren miteinbeziehen.

Der Staat (also wir) werden in Haft genommen für die Interessen des Kapitals/des militärisch/fossilistischen Komplexes. Aber das passiert nicht offen, sondern versteckt. Die Absprachen passieren hinter unserem Rücken, in den geheimen Besprechnungen der Lobbyisten mit den Vertretern der Politik, die eigentlich die Interessen der Allgemeinheit verpflichtet sind.

Und dann wundern sich die politisch Tätigen, dass das „Volk“ sich von populistische Rattenfängern einlullen lässt und Parteien/Autokraten wie die AfD/Trump wählt, die einfache Lösungen für komplexe Probleme versprechen. Dass diese Problemlösungen letztlich nicht im Sinne und zum Vorteil des AfD/Trump Wählers sind, das wird sich erst später zeigen, zu spät.

Oder ist das Versprechen nie existent gewesen, war es immer, in verschiedenen Formen, ein perfides Spiel der Mächtigen mit den Massen?

Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder
vor dem World Economic Forum am 28. Januar 2005 in Davos: