English Summary

(Aktualisiert im März 2025)

Alle denken nur, wie man die Menschheit ändern könnte, doch niemand denkt daran, sich selbst zu ändern.

Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi, 1828 – 1910


Homo sapiens sapiens, ein Spieler?

So sind wir nun am Ende der Reise angelangt. Sie hat uns vor Augen geführt, wie wenig die Vernunft in Wirklichkeit herrscht und bewiesen, dass Wissen allein nicht ausreichend ist. Hat uns zu Wissentschaft und Forschung geführt, die unsere grundlegenden Probleme nicht lösen können. Sie hat uns gezeigt, dass dort, wo Vernunft mangelt, die brutale Macht des Stärkeren obsiegt. Und der Verlierer ist am Ende unsere Heimat, unsere geliebte Erde und damit wir alle.

Ich bin müde und frustriert, andauernd nur schlechte Nachrichten. Ich lebe in einer Zeit der Katastrophen und müßte dringend etwas dagegen tun. Aber die tägliche Routine beansprucht mich so, dass ich weder zum Nachdenken, geschweige denn zum Handeln komme (Aktueller Bericht des Expertenrates). So geht es nicht voran. Das Problem ist meine Unfähigkeit, mein Handeln zu ändern. Neue Handlungsstrategien zu entwickeln, wenn ich sehe, dass etwas grundlegend falsch läuft. Die Rettung erhoffe ich mir von technischem Fortschritt, wie der KI, die aber ebenfalls fehleranfällig ist und die riesige Mengen an Energie benötigt (Handelsblatt, 2024).

Es ist, als säße ich in einem Zug, der auf eine sichtbare Katastrophe zusteuert. Und was mache ich? Ich halte meine Hand aus dem Fenster, in der völlig vergeblichen Hoffnung, damit die Fahrt zu verlangsamen – nur eine hilflose Geste. Gleichzeitig stehe ich im Führerstand der Lokomotive und verfeuere fossile Brennstoffe, als hinge mein Leben davon ab, CO2 in die Atmosphäre zu pusten (Subvention fossiler Brennstoffe). Ich spiele mit meinem Überleben.

Ich verbrauche meine begrenzten geistigen Energien in einem sinnlosen Kampf um Besitz und Vorrang. Mein ausschließlich affektgesteuertes Wirtschaftssystem ist die Grundlage dieser Katastrophe. (Supplement 4). Das ist ganz offensichtlich von mir so beabsichtigt. Der unerbittliche Götze des steten Wachstums wird angebetet. Und er wird mich unweigerlich verschlingen. Denn die Grenzen meines Planeten sind erreicht, ja überschritten (Planetare Grenzen). Zwar komme ich mit Mühe ins All und auf den Mond – von der Reise zum Mars kann ich nur fantasieren-, aber auf der Erde komme ich nicht substanziell voran. „Wir amüsieren uns zu Tode„, sehen politisches Kabarett, wir wissen Bescheid. Und es passiert: Nichts! Das Buch von Neil Postman, das mich zu der Formulierung inspiriert hat, stammt aus dem Jahr 1988.

Allenfalls bin ich kurzfristig beunruhigt. Ich hole mir schnell ein Bier, eine Tüte Chips und schaue eine Quizshow. Dort wird mir „Wissen“ präsentiert, das völlig irrelevant ist. Nur ein Spiel, ein Zeitvertreib. Und wieder ist ein Abend vorbei, an dem ich mich an der Wahrheit vorbeigedrückt habe. Das ist Absicht: Solange ich konsumiere, stelle ich das bestehende System nicht in Frage. Aber kann ich so viel Netflix schauen, dass ich den Horror um mich herum vergesse? Um nicht völlig durchzudrehen, sehe ich mir keine Nachrichten mehr an.

Überbevölkerung, Artensterben und Klimawandel, don’t panic!

Immer mehr Homo sapiens sapiens bevölkern die Welt. Die Folge ist ein ständig steigender Verbrauch von Ressourcen. Hunger, Durst, Krankheit, Vertreibung und Massenmigration sind unausausweichlich (Uneso.org Bericht 2023). Aufgrund der ungerechten Verteilung der Welt (World Inequality Lab) führen steigende Aggressionen zu Verteilungskämpfen mit zunehmenden und rücksichtslosen kriegerischen Konflikten (Klare, 2019) (HIIK, 2022). Ich bewege mich in einem Teufelskreis aus Kränkung und Hass. Die Massaker von heute erzeugen die Massenmörder von morgen. In den traumatisierten Kinder von Gaza et al. wächst die künftige Gewalt heran. Für diesen Teufelskreis braucht es keinen Teufel, es reicht der Mensch.

Alte und neue politische wie auch wirtschaftliche Machtzentren konkurrieren um die Vorherrschaft in einer zukünftigen Welt. Ich bin bislang erfolglos auf der Suche nach einer funktionierenden Herrschaftsform. Die Ära der Politiker neigt sich gerade dem Ende zu – an Ihre Stelle treten die Dealmaker. Jeder ist sich selbst der Nächste. Denn es fehlt die wirksame globale Kooperation (Prof. Dr. D. Messner). Die einzige Chance, etwas Wirkungsvolles zur Rettung der Spezies Mensch und seiner Umwelt zu tun.

Der Verlust der Biodiversität und das Artensterben durch Fragmentierung und unsachgemäße Behandlung des Planeten führt zu einem Kollaps der Ökosysteme, aller Ökosysteme (Kolbert, 2021). Schon geringfügige Veränderungen der Umwelt führen zu dramatischen Populationsverlusten in Lebensräumen wie dem Ozean (Science.org, 2023). Steigende CO2 Werten der Atmosphäre und höhere Durchschnittstemparaturen führen zum Massenaussterben im Meer (Ozeanisches anoxisches Ereignis). Die Ökosysteme sind nicht für mich gemacht worden, sondern mit mir. Ich bin ein Teil und auf eine intakte Umwelt zwingend angewiesen (Rich, 2022).

Dabei habe ich diese Systeme, die mein Überleben garantieren, bis heute in ihrer Komplexität nicht annährend verstanden. 90% der Tiefsee sind mir unbekanntes Gebiet. Noch bevor ich die Arktis oder die Tiefsee erforscht habe, ist mein Plastikmüll schon dort angekommen. Die großräumige Ausbeutung der Tiefsee-Mineralien steht kurz bevor, ohne dass ich die Auswirkungen meines Tuns abschätzen könnte (Greenpeace, 2024). Ich entlasse unglaubliche Mengen an biowirksamen Chemikalien in die Umwelt, deren Folgen für die Biodiversität und die Ökosysteme verheerend sind (Wingspread Statement, 1996) (BUND, 2024) (taz, 2024). Es gibt vielfache Kipp-Punkte im globalen System und ich weiß nicht mit Sicherheit, ob diese bereits erreicht oder sogar schon überschritten sind. Sicher ist nur das Eine: Auch meine Spezies kann dem 6. Artensterben zum Opfer fallen. Ich bin Täter und Opfer.

Die globalen Veränderungen des Klimas in bisher nicht gekannter Geschwindigkeit sollten mich eigentlich in Aufregung versetzen (Anthropogener Treibhaus-Effekt). Erst 2021 wurde im 6. Sachstandsbericht des IPCC der Klimawandel als spezieseigenes Versagen anerkannt. Der Wissenschaftler Svante Arrhenius hatte schon 1896 den Zusammenhang zwischen CO2 Konzentration in der Atmosphäre und Temperatur beschrieben.

Aber standhaftes Leugnen und beherztes Tragen eines Aluhuts machen es möglich, einfach weiterzumachen. Ich verweigere mich den offentsichtlichen Fakten (Dr. Holm Gero Hümmler). Das Recht auf Zukunft wird von einer Minderheit der jetzt und seit der industriellen Revolution lebenden Menschheit der Mehrheit der Nachgeborenen verweigert (Thunberg, 2022). Eine Minderheit der reichen Länder – und dabei nochmals eine absolute Minderheit der Superreichen – verwehrt einer Mehrheit der armen Länder ein menschenwürdiges Leben. Diese Vielen haben nicht die geringste Chance. Die Gefahr für Leib und Leben, die Verletzbarkeit von Körper und Geist ist wie immer am größten bei denen, die arm, weiblich und ohne Bildungschancen sind. Frauen und Kinder, als größte Gruppe, haben keine Stimme, sich Gehör zu verschaffen, keine Lobby, die für sie kämpft und sind von Katastrophen, welcher Art auch immer, stets am meisten betroffen (Oxfam, 2023).

Wir Jetzigen (natürlich auch die Bisherigen) haben den kommenden Generationen alle Möglichkeiten einer zeitgerechten behutsamen Intervention genommen und wir wissen es! Ich erzeuge eine zunehmende Problemkomplexität, der ich nicht mehr gewachsen bin (Vester, 1989).

Ich globalisiere Probleme, aber keine Lösungen.

Ich verliere den Überblick über die Vielzahl der weltweiten Probleme und werde traumatisiert von den zunehmenden Großschadensereignissen. Darüber vergesse ich, dass sich ständig schleichende, weitgehend unbemerkte Veränderungen vollziehen. Die komplexen Zusammenhänge zwischen dem Klimawandel und den möglichen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen in einer globalisierten Welt erkenne ich erst, wenn es zu spät ist (UNDRR, United Nations Office for Disaster Risk Reduction). (National Research Council. 2013. Climate and Social Stress: Implications for Security Analysis. Washington, DC: The National Academies Press).

Der Mythos vom Anthropozän ist eine Fiktion. Ich glaube, ein erdgeschichtliches Zeitalter zugestalten. Aber die unkontrollierbaren, triebgesteuerten menschlichen Handlungen gestalten letztlich den showdown meiner Spezies.

Ich gestalte nicht neu, ich gestalte um, ich verunstalte.

Ist es möglich“, fragt R. M. Rilke, „dass man die Jahrtausende hat vergehen lassen, wie eine Schulpause, in der man sein Butterbrot isst und einen Apfel?“ (Rilke, 1910)

Ja, lieber Herr Rilke, leider ist das so. Ich bin keinen wirklich entscheidenden Schritt weitergekommen, seitdem ich die afrikanische Steppe verlassen habe. Meine begrenzten technischen Fähigkeiten sind nicht in der Lage, meine eigene Apokalypse zu bremsen. Nein, im Gegenteil, sind eines meiner Probleme. Mir wurde das Geschenk dieser Welt, meiner Existenz gemacht, ich bin ihr aber weder gewachsen, noch würdig, wie es scheint.

Ich kann zu viel und gleichzeitig nicht genug.

Ich kann Atomkerne spalten und fusionieren, kann eine Atombombe bauen und ich kann nicht verhindern, dass ich sie gegen mich selbst einsetze. Erst verbreite ich Chaos, dann versuche ich erschrocken aufzuräumen, aber das gelingt mir nicht.

Die Tatsache, auf zwei Beinen zu stehen, hat mir keinen Überblick verschafft. Ich bin „Der nackte Kaiser“ und hoffe, dass niemand meine Blöße bemerkt. (Andersen, 1837)

Wir leben in einer Zeit der Narren auf dem Thron.

Ich lasse zu, dass Inkompetenz und Narrentum über das Schicksal meiner Spezies entscheidet: Die Herrschaft der Dilettanten, der Schwätzer und Hochstapler. (Duve, 2014)

All meine Entschuldigungen helfen mir nicht. Die Verschwörungstheorien von der Weltverschwörung der Eliten (Great Reset), von dunklen KI-Mächten, von heilsamen Kräften des freien Marktes lenken mich nur von der Wirklichkeit ab. Ich fürchte mich vor den Asylanten, den Einheimischen, den Chinesen, den Amerikanern, den Armen, den Reichen, den Leugnern, den Befürwortern, alle sind verdächtig. Nur ich nicht.

Ich warte auf den Führer, die Lichtgestalt, den Propheten. Doch zu allen Zeiten hat „Der große Führer“ nur eines produziert: Leid und Verzweiflung. Auch der Glaube an einen rachsüchtigen Gott, dem es gefällt, wenn Ungläubige getötet werden, ist einfältig. Es gibt kein Paradies und keine Jungfrauen für Mörder.

Das Verhängnis lauert in den unzähligen verschlossenen Schubladen, die ich zum Verständnis dieser Welt mit Erkenntnissplittern gefüllt habe. Mehr als Fragmente sind es aber nicht.

Die Vielgestaltigkeit der Lebenswirklichkeiten von allen Homo sapiens sapiens sollte mich lehren, dass es eine allgemeingültige und einfache Erzählung nicht geben kann. Ich beurteile meine Welt und ihre Geschichte – sowohl individuell als auch im Gruppenkontext – immer aus meiner heutigen Sicht und nur für meine heutige Sicht.

Ich bekomme die großen Zusammenhänge und Erkenntnisse meiner Existenz nicht überlebens- oder handlungsfähig zusammen.

Gott würfelt?

Ich existiere in dem ultrakurzen Moment der Gegenwart. Ich kann ihn nicht festhalten. Ich begreife die Zeit nicht. Ist sie für mich überhaupt verständlich? Sie beherrscht mich und vergeht unablässig. Das auf den Boden gefallene Glas ist zersprungen – ein Zurück ist unmöglich.

Die Evolution hat mich mit einem Verständnisapparat ausgestattet, der mein Überleben auf dieser Welt sichert und das ziemlich effizient (Sterzer, 2022), wenn ich die wachsende Weltbevölkerung sehe. Aber ich werde beherrscht von der Welt, von der Evolution, die ich als Untertan wähne.

Seit Beginn meines Denkens frage ich mich:

Hat der Gott einen Plan?

Würfelt Gott oder nicht? Wenn ja, hat er Spaß an dem Spiel?

Gibt es überhaupt einen Plan oder ist alles nur Zufall?

Ich kenne den „Plan“ nicht und fantasiere über ein höheres Wesen, das mich geschaffen hat und die Fäden in den Händen hält. Unterschiedliche Religionen versuchen den Sinn des Lebens zu ergründen. Sie erzählen seit Jahrtausenden gewaltige Geschichten, damit ich mein kleines Leben hier und jetzt aushalte. Natürlich habe ich mir diese Geschichten selbst ausgedacht. Damit mich die Angst vor dem Unbeschreiblichen nicht umbringt.

Es sind im Wesentlichen Männerorden, auch Kirchen genannt, die mir die Welt und den Sinn erklären sollen. Aber die klerikalen Wahrsager haben keine Legitimation, kein höheres Wissen. Das stört mich nicht. Mir geht es nur darum, an etwas Größeres zu glauben. Und das gibt mir auch nebenbei einen guten Grund, meinem Nachbarn mit einer anderen Religion auf den Kopf zu hauen. Im Namen der Liebe Gottes.

Seit Urzeiten erfinde ich Mythen und Märchen von allgewaltigen Urkräften, von Göttern und schließlich von dem einen Gott. Gott hat seine eigene Evolution. Und je weniger Götter in meinen Mythen eine Rolle spielen, desto mehr wird meine Freiheit eingeschränkt. Der eine Gott verlangt unbedingten Gehorsam. Er schreibt mir vor, wie ich mich zu kleiden habe, was ich zu essen habe, mit wem ich Sex haben darf und schließlich, wie ich begraben werden soll. Der Mythos der Religion hat eine erzieherische und tröstende Funktion.

Je nach Religion ist der eine Gott geheimnisvoll, zornig, liebevoll oder listenreich.(Gellman/Hartman, 2016)

Die Rechtfertigung der leidvollen irdischen Existenz findet sich im Jenseits voller Glückseligkeit. Niemand hat dieser Darstellung bislang aus eigener Anschauung widersprochen. Jesus ist nicht wiedergekommen, obwohl es verheißen war. Vermutlich ist ihm die wahre Bedeutung seines Satzes endlich bewusst geworden: „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23,34). Nein – ich weiß es wirklich nicht. Seine allumfassende Liebe und Gewaltlosigkeit rührt mich zu Tränen. Aber das hindert mich nicht meine Schwestern und Brüder zu töten, immer und immer wieder. Hätte Kain doch Abel nicht erschlagen! Vielleicht hätten wir eine Chance gehabt.

Der Buddhismus erzählt vom Samsara, dem ewigen Kommen und Gehen, dem Kreislauf des Lebens und von Nirwana, dem endgültigen Erlöschen von allem. Buddha hat den dritten, den mittleren Weg gefunden und beschritten. So erfuhr er alle Weisheit der Welt. Er läßt mich daran aber nicht unmittelbar teilhaben. Ich soll es selbst herausfinden. Aber sieht es in dieser Welt so aus, als würde ich es auch nur versuchen? Die fernöstliche Weisheit soll mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren – auch eine Möglichkeit, um nicht über meine eigene Dummheit nachdenken zu müssen. Ich soll in liebevollem Verständnis für mich und meine Unvollkommenheit sein. Das ist spendet Trost, hilft aber bei der Bewältigung des Klimawandel nicht weiter.

Warum sind alle Propheten nur so geizig mit einer funktionierenden Bedienungsanleitung für diese Welt? 

Weil es sie nicht gibt, weder die Propheten noch die Anleitung.

Auch der säkulare Homo sapiens sapiens hat keine Ahnung. Zwar wähnt er sich in Freiheit von allen herrschenden Religionen. Aber auch er folgt Mythen, die sein Leben bestimmen. Er nennt es Humanismus. Einer der Vertreter ist Richard Dawkins, ein streitbarer Evolutionsbiologe. Er verspricht mir selbstbestimmt Freiheit, wenn ich Atheist bin und meine Gene entscheiden lasse. Allerdings vermutet auch er, dass die menschliche Evolution zu langsam voranschreitet – im Angesicht der Problemliste unserer Dummheiten.

Der letzte Plan?

Gut möglich, dass der „Plan“ gar nicht existiert und/oder völlig ohne mich auskommt. Die Existenz der Evolution ist offensichtlich, zumindest wenn ich kein dogmatischer US-amerikanischer Evangelikaler bin. Aber es ist reiner Zufall, dass ich lebe, dass meine Spezies existiert. Homo sapiens sapiens ist in den Dimensionen der Evolution des Universum wie Plankton im Ozean. Ein Übergang, vielleicht auch eine evolutionäre Sackgasse. Es ist wahrscheinlich, dass auf anderen Planeten, in anderen Sonnensystemen eine völlig unterschiedliche Entwicklung stattfinden kann, stattfinden wird oder stattgefunden hat.

Dazu schreibt Klaus Mainzer in seinem Buch „Der kreative Zufall„:

Das Universum ist ein Quantencomputer...“- „Quantenfluktuationen bilden die fundamentale Grundlage des Zufallsrauschen in der Welt.“ – „Am Anfang war der Zufall, am Ende steht der Zerfall“ (Mainzer, 2007)

Ich kann nicht abschätzen, ob ich erfolgreich bin, ohne eine Vorstellung von dem „Plan“ zu haben. Und ob es überhaupt darauf ankommt, dass ich Erfolg habe. Wie soll Erfolg oder Mißerfolg definiert sein? Vielleicht sieht der „Plan“ vor, dass ich grandios scheitere und den Weg freimache – für wen oder was auch immer. Vielleicht für Homo futuris mit implementierter KI oder als quallenartige Superintelligenz Medusara im Ozean – vorausgesetzt, die Weltmeere sind dann noch für irgendjemanden bewohnbar.

Vielleicht hat der Supercomputer Golem aus Stanislaw Lems Erzählung „Also sprach Golem“ Recht: Die Evolution entwickelt sich nicht positiv, sondern negativ. Die zur Photosynthese befähigten Einzeller waren die eigentliche Errungenschaft des „Plans„. Und danach wurde es nicht komplexer und besser, sondern fehleranfälliger und schlechter. (Lem, 2009)

Es ist dringend Zeit alle diese falschen Geschichten hinter mir zu lassen. Es ist Zeit für Ehrlichkeit. Tapfer will ich die Welt retten, doch eigentlich sollte mir klar sein, dass ich nur meinen eigenen kleinen Hintern jetzt und hier retten will.

Es ist an der Zeit, falls uns diese Zeit noch zur Verfügung steht, zur Vernunft zu kommen. Es ist ein Frage von Leben oder Tod für die Spezies Mensch.
Mein Zorn und meine Verzweiflung über menschliche Unzulänglichkeiten sollen mir nicht im Weg stehen. Keine höhere Instanz kann mir verzeihen, nur ich selbst.
Ich muss mich zuerst vor mir selbst retten – das ist der Widerspruch, das Menschen-Dilemma.

Paul Watzlawick beschreibt in seiner wunderbaren „Anleitung zum Unglücklichsein“ einen grundlegenden menschlichen Denkfehler und das daraus resultierende Handeln mit  „mehr desselben“. Aber es gibt keine neue Lösung, wenn ich nicht neue Wege beschreite. (Watzlawick, 2009). Sisyphus, von dem hier schon die Rede war, hätte seinen Stein liegen lassen und sich einer besseren Tätigkeit zuwenden sollen.

Und so schließe ich mit den Empfehlungen von Leo Tolstoi vom Beginn des Epilogs und von Rainer Maria Rilke, mit dessen Worten dieser Essay begann.
Die einzige wirksame, aber so unerreichbare Empfehlung, die mich retten könnte:

„Du mußt dein Leben ändern“ (Rilke, 1908).

Anmerkung

Sollte in diesem Text eine Idee, ein Gedanke oder eine Geschichte formuliert sein, auf die Sie, werte Leserin/Leser/Andere, glauben oder wissen, einen originären Anspruch zu haben, melden Sie sich bei mir.

Ich werde Sie ins Literaturverzeichnis aufnehmen.

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